COOLumne #003
Politics as usual
Text: Yannick Niang & Sebastian Nicu
Von wegen Goldene Zwanziger: 2020 wird als ein Jahr in die Geschichte eingehen, in dem extrem viel schiefgelaufen ist. Erst vor Kurzem ging es in unserer Kolumne noch um die Folgen der Corona-Pandemie für Mode-Interessierte, heute dagegen befassen wir uns mit dem Rassismus, der dieses Jahr zahlreiche Leben gekostet und als Reaktion viele Leute auf die Straßen getrieben hat. Das jüngste Beispiel sinnloser, rassistisch motivierter Polizeigewalt ist der skrupellose Angriff auf Jacob Blake, der von der Polizei in Wisconsin hinterrücks mit acht Kugeln im Rücken unwiederbringlich querschnittsgelähmt wurde.Der Kampf gegen Hass und Unterdrückung kann auch im Kleiderschrank weitergekämpft werden. Viele Brands nutzen ihr Standing, um mit politischen T-Shirts auf die Missstände aufmerksam zu machen und sammeln im Idealfall dabei noch Spenden für verschiedene Organisationen. Hier kommen einige der besten Statement-T-Shirts, die mit Messages gegen Rassismus und Polizeigewalt die #BlackLivesMatter Bewegung unterstützen und mehr Relevanz verdienen als jede Logo-Mania der Welt.
Yannick: Drunken Masters x Valentin Hansen – »FUCK OFFWHITE PRIDE« (Hanau Edition)
Normalerweise stehen die Drunken Masters für Musik-Exzesse und Turn-Up der Extraklasse. Ausgelassenheit und Abriss stehen bei ihren DJ-Sets an der Tagesordnung und auch ihr Merch bewegt sich design-technisch eher auf der lustigen Seite des Fashion-Spektrums. Mit ihrem »FUCK OFF WHITE PRIDE« Shirt, welches sie gemeinsam mit Media-Tausendsassa Valentin Hanssen rausgehauen haben, schießen sie nicht nur gegen Off-White tragende Hypebeasts, sondern verurteilen vor allem auch die allgegenwärtige White Supremacy und machen auf die Problematiken dieser aufmerksam. Dass dieses außergewöhnliche Trio im Zuge der rassistisch motivierten Morde in Hanau, welche sich diesen Februar zugetragen haben, dieses Shirt in einer schwarzen Version aufgelegt und die gesamten Erträge über die Amadeu Antonio Stiftung an die Angehörigen der zehn Opfer gespendet haben, kann man eigentlich nur als Power Move der Extraklasse bezeichnen.
Sebi: Noah – »Shark Boys«
Pünktlich zum Amtseintritt von Donald Trump veröffentlichte die New Yorker Brand Noah 2016 ihr »Shark Boys« T-Shirt. Damals hat nicht einmal Brendon Babenzien, Gründer der Marke und ehemaliger Creative Director bei Supreme, geahnt, wie schlimm die Präsidentschaft des orangen Mannes wirklich werden sollte. Die auf dem Shirt abgebildeten Cartoon-Haifische, die den mächtigsten Mann der Welt mit verschiedenen Werkzeugen verprügeln, passen aber auch 2020 noch zu den Gefühlen vieler Amerikaner – besonders so kurz vor den Neuwahlen.
Yannick: Childhood Dreams in Partnership with Kyle Kuzma Foundation
Stichwort politische Krisen in Amerika: Seit dem tragischen Tod von George Floyd durch die vier Polizeibeamten Derek Chauvin, J. Alexander Kueng, Thomas Lane und Tou Thao herrscht in den USA eine Menschen-spaltende Spannung, welche sich in Black Lives Matter Protesten und bürgerkriegsartigen Ausschreitungen äußert. Seitdem werden weltweit auf allen möglichen Plattformen Diskurse angestoßen, die (leider wie so oft) mittlerweile allmählich wieder im Sande verlaufen. Glücklicherweise gibt es etliche KünstlerInnen, die die Stimmung nach solchen tragischen und »bahnbrechenden« Ereignissen in ihrer Kunst verewigen, dabei auch noch klar Haltung zeigen und Stellung beziehen. So auch die in Los Angeles ansässige Brand Childhood Dreams, welche gemeinsam mit dem Lakers-Spieler Kyle Kuzma ein besonders aussagekräftiges BLM-Shirt entworfen hat, um George Floyd, Breonna Taylor, Ahmaud Arbery und den unzähligen weiteren Opfern von rassistisch motivierter Polizeigewalt zu gedenken und nebenbei auf die anstehenden Präsidentschaftswahlen aufmerksam zu machen, damit oben genannter orangener Mann bald hoffentlich nicht mehr den @POTUS Twitterhandle sein Eigen nennen kann. Außerdem fließen sämtliche Einnahmen in den Legal Defense Fund der NAACP, eine der ältesten schwarzen Bürgerrechts-Bewegungen der Vereinigten Staaten. Kann man also guten Gewissens rocken.
Sebi: Stüssy – »End Racism«
Wer sich wie wir für Streetwear, Hip Hop und Co. interessiert, sollte im Idealfall wissen, dass Rassismus scheiße ist. Damit du dieses Wissen auch auf den Straßen mit allen teilen kannst, die dir über den Weg laufen, veröffentlichte Stüssy 2020 nach der Ermordung des Afro-Amerikaners George Floyd durch drei Polizisten dieses T-Shirt mit einer klaren Botschaft: »Stand Firm – End Racism Now«. Die Einnahmen durch den Verkauf wurden zu jeweils 50 % an Black Lives Matter und die Equal Justice Initiative gespendet. Wer also schnell genug war, eines der beliebten Shirts zu ergattern, konnte zwei der tollsten Dinge die es gibt vereinen: Konsum und Gutes tun.
Yannick: _thek – »Club Solidarité«
Das Düsseldorfer Kurations-Kollektiv _thek veröffentlichte vor kurzem das dritte Stück ihrer »This is not a T-Shirt, this is a non-profit Project«-Reihe, mit dem sie in der Vergangenheit Einnahmen für gute Zwecke sammelten, um mit den erzielten Einnahmen aufstrebenden KünstlerInnen und kleinen Bussinesses gleichermaßen durch die Pandemie-Zeit zu helfen. Für das dritte Release hat sich _thek der Toleranz, dem Einheitsgefühl und der freien Liebe der Ravekultur bedient und 23 internationale KünstlerInnen ihr Werk verrichten lassen. Dieses Mal sollen die Einnahmen an verschiedene NGOs wie Mission Lifeline, der Berliner Organisation Club Comission, Togetherwepush aus Düsseldorf und Sea Watch gehen. Finden wir super!
Sebi: Butter Goods – »Gil Scott-Heron Fundraiser T-Shirt«
Butter Goods aus Australien hat in seiner relativ jungen Firmengeschichte viele Teile rausgebracht, die mit Hip Hop, Jazz, Soul und Funk in Verbindung stehen. Kunstformen, die es ohne die Afro-Amerikanische Community nicht geben würde. Während der hitzigen Rassismus-Debatte die wir dieses Jahr wieder erleben, haben die Herrschaften sich deshalb überlegt, etwas zurückzugeben. Was passt da besser als ein Shirt mit Gil Scott-Herons Antlitz? Der Soul-Musiker ist bekannt für seine politischen, sozialkritischen Texte und besonders sein Stück »The Revolution Will Not Be Televised« von 1969 ist über 50 Jahre später noch aktueller, als es uns lieb ist. Deshalb entschied sich Butter Goods, einige Zeilen des Songs auf das »Gill Scott-Heron Fundraiser T-Shirt« zu drucken. Die Einnahmen gingen zu 100% an The Bail Project und den NAACP Legal Defense Fund, die sich beide für unschuldig Verurteilte einsetzen. Das perfekte T-Shirt für Musik-Liebhaber, die diesem grundlegenden Problem im US-Amerikanischen Justizsystem den Garaus machen wollen.
In Anbetracht der aktuellen Lage kann man mit den oben genannten Teilen eigentlich nichts falsch machen, wenn man mit der eigenen Streetwear-Sucht etwas Positives in die Welt tragen möchte. Vergesst nie, dass ihr im Prinzip wandelnde Litfaßsäulen seid und immer in der Hand (oder eher am ganzen Körper) habt, wofür ihr stehen möchtet. Mit dieser Binsenweisheit wollen wir euch jetzt einfach mal in den nächsten Monat entlassen. Kommt gut durch die Zeit!
Visuals: V.Raeter