Battenwear
Zeitlose Funktionalität und Hingabe
Text & Interview: Adrian Bianco
Funktionale Kleidung, American Vintage und Outdoor-Mode, Japan und ein japanischer Designer, der in Kalifornien lebt – hinter Battenwear stehen und verbergen sich etliche Referenzen und Details, die die Marke zu einem der interessanten Geheimtipps auf dem Markt machen. Dass die Marke seit 2011 »Made in North America« ist, und jedes der Kleidungsstücke die der Design-Feder Shinya Hasegawas entstammen, jedem Trend und jeder noch Qualitätsprüfung standhält, ist beachtenswert.
Shinya Hasegawa, der in Japan aufgewachsen ist, entdeckte während des American Casual Booms seine Liebe für funktionelle, modische Kleidung. Sein Studium – in New York und sein Umzug nach Kalifornien vollendeten den kompletten Inspirationsweg den der Designer und die Marke gegangen sind. Shinyas Auge für die Essenz von American Vintage und klassischer Outdoorkleidung findet sich in fast jedem seiner Design wieder. Battenwear Produkte sind voller Designreferenzen, die sich mit der Geschichte und der Entwicklung von funktionaler Mode im amerikanischen und japanischen Raum auseinandersetzen. Was sich nach einem Griff in die Vergangenheit anhört, wandelt Shinya in eine moderne, zeitgemäße Sprache um. Gleichzeitig findet der Designer das perfekte Maß zwischen Funktionalität, Nutzen, Form und Farbe. Kein Parka hat eine Tasche zu viel, kein übergroßes Branding stellt sich dem Design in den Weg – Battenwear definiert zeitlose Funktionalität. Am besten zu vergleichen sind Shinyas Designs mit einem klassischen Porsche 911 aus den 1970er und 1980er Jahren auf einer Straße direkt entlang der Küste in Kalifornien – zeitloses, auf den Punkt gebrachtes Design; es geht elegant und mit Power vorwärts
Um mehr über Battenwear und Shinyas vielschichtige Design-Sprache, seine Inspirationen und die ultimative Frage »Wieviele Jackentaschen sind zu viele Jackentaschen?” herauszufinden, haben wir uns mit dem Designer zusammen gesetzt.
Adrian Bianco: Kannst du uns bitte kurz (oder auch lang) Battenwear, die Geschichte und Vision dahinter vorstellen?
Shinya Hasegawa: In der ersten Saison, Frühjahr/Sommer 2012, hatte ich ein klares Ziel: Ich werde die Art von Kleidung machen, die ich schon immer tragen wollte. Zu der Zeit besaß ich eine über viele Jahre zusammengestellte Sammlung an Vintage Mountain Parkas, Kletterhosen, Wanderrucksäcken, Surfshorts and Basics wie amerikanische T-Shirts und Sweater. Seit der Highschool hatte ich diese Sachen aufbewahrt and jedes Teil, das ich auch über meine vielen Umzüge von Tokyo nach New York, von Wohnungen in Brooklyn nach Manhattan und wieder zurück, mitgenommen hatte, hatte etwas Besonderes an sich – eine Tasche oder ein Detail oder eine Nähtechnik, die mir einzigartig oder außergewöhnlich clever erschien.
Mein Wunsch war es, die für mich besten Eigenschaften traditioneller amerikanischer Outdoorkleidung und Sportswear auf zeitgemäße und frische Weise zusammenzubringen, so dass ich schließlich Kleidungsstücke hatte, die ich gleichermaßen ins Büro oder beim Wandern, am Strand beim Surfen oder auch beim Dinner mit meiner Frau tragen konnte. Ich wollte, dass jedes Teil von mir gut verarbeitet, sehr bequem und leicht mit einer Vielzahl anderer Kleidungsstücke kombinierbar ist.
Der Travel Shell Parka war das erste Teil, das ich kreiert habe – Ich wollte, dass er wie ein klassischer amerikanischer Mountain Parka aussieht, aber besser passt und schöner ist, so dass ich mich während meiner Reisen auf möglichst wenig Outerwear beschränken kann. Ich fügte Dinge wie Falten am Ellenbogen für mehr Bewegungsfreiheit an den Armen ein – kleine Details, die die Passform verbesserten. Der TSP ist perfekt zum Wandern, denn er ist wasser- und windresistent, aber er ist wegen seines Schnitts und Stoffes auch bestens für ein Treffen im Restaurant oder in einer Bar geeignet. Die großartigen Taschen machen ihn funktional fürs Reisen: Pass, Ticket, Geldbörse, Notizbücher etc. sind alle griffbereit.
Bis heute beginnen meine Ideen für neue Battenwear Kleidungsstücke immer mit etwas, das ich schon immer mal tragen wollte oder das mich neugierig gemacht hat. Ich bin froh, dass viele andere Leute die gleichen Instinkte und Ansprüche in Sachen Kleidung und Ausrüstung haben, wie ich, denn sonst hätte es Battenwear nach der ersten Saison nicht weit gebracht. Und glücklicherweise gibt es immer noch so vieles, das ich machen will, für mich und für alle, die Battenwear für sich entdeckt haben. Amerikanische Outdoorkleidung ist wie ein großer Spielplatz und es fühlt sich so an, als sei das erst der Anfang für mich.
AB: Was macht für dich die Essenz eines guten Outdoor und Urban Produkts aus? Was braucht es und vor Allem – Wieviele Taschen sind zu viele Taschen?
SH: Ich denke Nutzen und Komfort sollten immer an oberster Stelle stehen, auch wenn es um Urban Wear geht, die gut aussieht. Niemand geht gerne durch den täglichen Alltag aus U-Bahnfahrten und vollen Straßen in Hosen, die einengen oder in einer Jacke, die keine Bewegungsfreiheit bietet. Ich liebe Zwickel – unter dem Arm, im Schrittbereich etc. – und zusätzliche Stoffbahnen. Im Grunde genommen alles, was notwendig ist, damit eine Hose, ein Sweatshirt oder eine Jacke sich genau an den richtigen Stellen beugen, ausdehnen oder zusammenziehen kann.
Aber klar, wenn es am Ende nicht gut aussieht, will es der anspruchsvolle Stadtmensch, inklusive ich selbst, nicht tragen, egal, wie bequem es ist. Also muss alles clever gemacht sein, um die richtige Balance zwischen Form und Funktion hinzubekommen. Wenn ich mit meinen NäherInnen in meinen Fabriken zusammenarbeite, fühlt es sich oft an, als würde ich ihnen Origami beibringen – eine Falte hier, ein Abnäher da, dann alles zusammennähen.
Wenn es um Taschen geht, glaube ich definitiv, es können auch mal zu viele sein. Wenn es für mich abwegig ist, eine bestimmte Tasche im Alltag auch zu gebrauchen, dann versuche ich, sie aus dem Entwurf zu entfernen. Manchmal füge ich eine Tasche hinzu und stelle, nachdem ich das Kleidungsstück eine Saison getragen habe, fest, dass ich sie nicht so oft benutze, wie ich mir vorgestellt habe, lasse ich sie bei diesem Produkt in der nächsten Kollektion einfach weg. Kundenfeedback ist dabei auch sehr hilfreich, denn sie sind es, die Erfahrungen im Alltag mit dem Teil gesammelt haben, die für mich wichtig sind. Auch um die Taschenöffnungen mache ich mir viele Gedanken – Reißverschluss, Klappe oder Klett, Größe und Winkel der Öffnung, Tiefe und Dimension der Tasche. Taschen sind mein Nerdkram.
AB: Dein Unternehmen wird von nur einer Handvoll lieber Menschen betrieben, aber gleichzeitig gibt es die Marke in vielen Stores auf der ganzen Welt. Wie schafft ihr den Spagat zwischen dem Charme einer kleinen Crew und dem Monster, zu dem die globale Modeindustrie in den vergangenen Jahre mutiert ist?
SH: Haha, »Charme« ist ein schönes Wort dafür, danke! Wir sind ein sehr, sehr kleines Team und halten unser Tagesgeschäft einfach und low-tech. Ich bin nicht sicher, ob das bewusst passiert oder ratsam ist – ich denke, es hat mit meiner Persönlichkeit und meinen Wunsch, von Anfang an in jeden Aspekt des Unternehmens involviert zu sein, zu tun. Irgendwann sollte ich wohl Platz machen für ein größeres Team, das den Betrieb am Laufen hält. Das würde mir sogar gefallen, denn dann hätte ich mehr Zeit für das Designen. Aber momentan begleite ich alle Etappen vom Design, über die Produktion bis hin zum Vertrieb, Social Media und Foto Shootings.
AB: In deinen Designs finden sich viele unterschiedliche Einflüsse und Referenzen, die auf eine wunderbare Art zusammentreffen: Klassische Outdoorkleidung, American Vintage Kleidung, das Lebensgefühl Kaliforniens und deine Zeit bei Woolrich Woolen Mills, wo du eng mit Daiki Suzuki von Engineered Garments und Mark McNairy, einem Meister des Ivy League Styles zusammengerabeitet hast. Könntest du uns deine Designvision und den Einfluss dieser vielfältigen Inspirationen und Erfahrungen erläutern?
SH: Mal sehen… Ich bin aufgewachsen im Tokyo der 1980er Jahre, als »Ame-kaji« bzw. American Casual gerade boomte. Denk an Marken wie Ralph Lauren, Levi’s, Brooks Brothers, Patagonia, The North Face etc. Die Grundidee von mir und meinen Freunden war eine Mischung aus robuster, schlichter amerikanischer Sportswear und High Fashion. Meine Generation war immer fasziniert von Gegensätzen und abgefahrenen Mischungen. Es war eine innovative Zeit, in der ich immer auf der Suche nach Neuem war. Ich habe noch so viele alte Printkataloge meiner Lieblingsmarken aus den 1960er und 1970er Jahren. Ich liebe auch Fotobücher, die Sport- und Modetrends dokumentieren.
Als ich 2002 nach New York zog, studierte ich Fashion Marketing und Vertrieb und begann in einem Unternehmen namens What Comes Around Goes Around, wo mir ein riesiges, wirklich eindrucksvolles Archiv aus Vintage Kleidung aus aller Welt zur Verfügung stand. So konnte ich meine Recherchen fortführen. Etwa zur gleichen Zeit suchte Daiki Suzuki einen Assistenten als Untertsützung für das Woolrich Woolen Mills Projekt, und jemand schlug mich dafür vor. Das war eine große Chance und ich hatte das Glück, vier Jahre lang von Daiki zu lernen, wie man designt. Als Mark McNairy Daikis Nachfolger für das Projekt wurde, war das ebenfalls großartig für mich, denn er hatte einen komplett anderen Stil und eine andere Herangehensweise. Ich habe sehr viel gelernt.
Als ich mit Battenwear startete, begann ich damit, alles im New Yorker Garment District zu produzieren. Ich glaube es gibt keinen vergleichbaren Ort. Das machte den Start sehr einfach, denn alle Fabriken waren in unmittelbarer Nähe zu meinem Büro, so dass ich die Straßen dort auf- und ablief, über das Beobachten der Leute Neues über Mode lernte, Stoffe und Zuschnitte von lokalen Anbietern bekam, und schließlich alles, was ich in meinem Kopf und meinen Händen gesammelt hatte, in den Fabriken zusammensetzen konnte.
Als 2017 meine Familie größer wurde, entschieden wir uns dafür, dem Trubel von New york etwas zu entfliehen und eröffneten ein Design Studio in Topanga, Kalifornien, wo meine Frau aufgewachsen war. Plötzlich war ich wieder von Natur umgeben. Es gibt unglaublich schöne Wanderrouten und Ausblicke im Topanga Canyon, und der Strand ist so nah. In unserem Büro in Manhattan hört man ständig Sirenen, Autohupen und das Geräusch riesiger, übervoller Kleiderstangen, die über Kreuzungen gerollt werden. Während man in Topanga nur Eulen, Grashüpfer oder Menschen in Vintage Autos mit Surfboards auf dem Dach hört. Dieser Kontrast ermöglicht mir aber auch Zugriff auf beide Welten. Ich verbringe viel Zeit im New Yorker Büro und bin zwei- bis dreimal im Jahr in Tokyo. Diese drei Orte sind also Teil meiner Erfahrungen.
AB: Viele deiner Produkte enthalten Referenzen an ein bestimmtes Jahr oder eine Ära. Es gibt immer einen Kontext und eine Story dahinter. Wie wichtig sind diese Erinnerungen und Referenzen für die Produkte und eure Kommunikation?
SH: Das mag jetzt wirken, als weiche ich vom Thema ab, aber ich z.B. bin ein großer Olympia-Fan. So sehr, dass ich dazu neige, meine Erinnerungen in 4 Jahres-Perioden aufzuteilen. Wenn ich also versuche, mich zu erinnern, wann etwas in meinem Leben passiert ist, denke ich an die Olympiade zurück, die vor oder nach dem Ereignis stattfand, um herauszufinden, an welches Jahr ich mich erinnern will. Ich bin ein Sportfan, aber darüber hinaus sind die Olympischen Spiele in meinen Augen bedeutsame kulturelle Berührungspunkte. Ich interessiere mich für die Kunst und die Plakate, die für die Olympischen Spiele kreiert wurden. Ich interessiere mich für die Schlüsselmomente der Olympischen Spiele im Fernsehen, die Menschen aus der ganzen Welt ein kollektives, gemeinsames Erlebnis bescheren.
Wenn ich mich beim Entwerfen von Battenwear Kleidungsstücken auf verschiedene Jahrzehnte oder historische Perioden beziehe, habe ich das Gefühl, mich auf die gemeinsame kulturelle Erfahrung zu besinnen. Veränderung ist gut. Fortschritt ist gut. Aber noch wichtiger ist, WARUM sich Stil und Mode verändern. Das ist das Interessante daran.
Ich bin nicht dagegen, aber ich bin auch kein Fan davon, wie technisch Mode in letzter Zeit geworden ist. Ich bin nicht wirklich begeistert von all den High-Tech-Stoffen usw. Ich verwende gerne altmodische Stoffe wie 60/40 oder 65/35, die beide anstelle einer chemischen Beschichtung mit Fadenmischungen arbeiten, um die Wasserbeständigkeit zu fördern. Aber es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass die Mischung aus Baumwoll- und Nylon-/Polyesterfäden zur Erzielung von Wasserbeständigkeit einst als relativ Hightech-Gewebe angesehen wurde. Vor diesem Hintergrund ergibt sich ein anderer Kontext, wenn wir heute bei Battenwear aus unserer Idologie heraus diese Art von low-tech Stoffen verwenden. Das gibt dem Gewebe einen Kontext und stellt eine Referenz für die Ideologie von Battewear dar, wenn wir diese Art von “Low-Tech”-Geweben verwenden
An dieser Stelle eine noch nerdigere Anmerkung: Ich konstruiere gerne Jackentaschen, bei denen der Reißverschluss vertikal nach oben zum Öffnen und nach unten zum Schließen geöffnet wird. Dies ist ein Verweis auf eine bestimmte Zeit im amerikanischen Outdoor-Bereich, als dieses Detail sehr beliebt war. Es ist eine kleine Sache und würde leicht übersehen werden, aber ich habe Kunden, die mir schreiben, um nach diesem Aspekt des Designs zu fragen, manchmal, um uns ein Kompliment auszusprechen und manchmal, um sich zu beschweren. Die Leute bemerken es also, und wenn sie die historischen Hintergründe erkennen, checken sie, dass das einer von vielen Berührungspunkten mit Outdoor-Ausrüstung der 1980er Jahre ist.
AB: Ein weiteres beeindruckendes Feature deiner Marke ist das Branding – Denn es gibt nicht viel Branding! Wie gelingt es dir in Zeiten von Logomania und allgegenwärtigem Markenkult, alles eher low-key zu halten und die Produkte für sich sprechen zu lassen?
SH: Das ist komisch, ich dagegen glaube manchmal, wir verwenden unser Logo zu oft auf unseren Produkten. Ich habe das einfache Berg/Ozean-Logo entworfen, als ich die Marke ins Leben gerufen habe, und es gefällt mir sehr gut und ich bin froh, dass andere Leute es auch mögen. Es ist gut zu hören, dass man den Eindruck hat, wir halten uns zurück. Ich verwende es dort, wo es gut aussieht und gut passt. Und dann versuche ich, es wirklich darauf zu beschränken. Ich mag es nicht, wenn ich mit einem Logo erschlagen werde, und ich nehme an, unsere Kunden tun das auch nicht.
AB: Battenwear hat eine klare Vision, Designsprache und Ausstrahlung. Ein seltenes Talent in einer Welt der schnellen Trends, in der alle anderen versuchen, auf eben jene aufzuspringen. Wie wichtig ist es für dich, deinen ursprünglichen Ideen und Werten treu zu bleiben?
SH: Da ich das designe, was ich machen und tragen möchte, und unser Unternehmen klein ist und als Familienbetrieb läuft, gibt es eigentlich niemanden, der mir sagt, was ich tun soll. Ich genieße und schätze das Feedback unserer Kunden sehr, und wir haben das Glück, eine großartige Community von Leuten zu haben, die Battenwear kaufen und uns sagen, was sie an dem, was wir tun, mögen und was sie sich anders wünschen. Ich frage auch regelmäßig meine Freunde um ihre Meinung. Ich höre auf alle Ratschläge, die ich bekomme und fühle sie wirklich, aber wenn es um das Design geht, muss ich aufhören zuzuhören, damit ich mich auf das konzentrieren kann, was in meinem Kopf entsteht. Jede Saison möchte ich eine Kollektion entwerfen, die sowohl insofern neu ist, als dass sie eine neue Geschichte erzählt, als auch grundlegend mit den Kernwerten der Marke verbunden ist.
AB: Sprechen wir über Cord, ein Grundmaterial bei Battenwear und ein Gewebe, das die Herzen vieler Outdoor-, aber auch Streetwear- und Urbanwear-Fans weltweit erfreut. Wenn du einen Liebesbrief an Cord schreiben würdest, wie würde der aussehen?
SH: Im Surfer-Slang nennt man viele Wellen, die auf das Ufer zurollen, »Corduroy«. Mir hat diese kleine Verbindung zwischen meiner Leidenschaft für das Surfen und meiner Liebe zu Cordstoffen immer gefallen. Cord ist strapazierfähig und warm, was ihn zu einer Grundausrüstung für Outdoor-Bekleidung macht. Mir gefällt auch, wie er sich mit jedem Tragen und Waschen verändert. Der Flor reibt sich auf einzigartige Weise auf, und die Textur von Cord hängt immer davon ab, wie man ihn verwendet.
AB: Der europäische Markt – mit Ausnahme des verregneten Vereinigten Königreichs – scheint gerade erst ihre Liebe für Outdoor-Kleidung und die vielen Eigenschaften und Vorteile dieser Bekleidung entdeckt zu haben. Wie aufregend ist es für dich, diesen Markt zu erschließen, und was sind die Herausforderungen, die sich daraus ergeben?
SH: Ja, wir haben das Glück, dass wir wirklich großartige britische Shops gewinnen konnten, die Battenwear seit der ersten Saison führen. Viele der britischen Einkäufer, die wir in dieser ersten Saison getroffen haben, haben unsere Designs auf eine Art und Weise verstanden, die uns sehr erfreut hat. In den vergangenen Jahren konnten wir aber auch immer mehr Einkäufer aus ganz Europa treffen. Es sind so interessante Leute mit faszinierenden Visionen davon, wie Battenwear in ihren Shops zu anderen Marken passt. Es ist cool, dass wir uns während unserer Wholesale Markets und auf Messen mit ihnen austauschen können. Dabei lerne ich immer sehr viel.
Ich denke, die offensichtliche Herausforderung besteht darin, dass es im Moment eine Menge verrückter Entwicklungen in Bezug auf Zölle und internationalen Handel gibt. Ich bin kein Experte und will auch keiner werden. Das ist aber etwas, für das wir irgendwann einmal bessere Lösungen finden müssen. Es ist wichtig für uns, Battenwear zugänglicher zu machen, um die Nachfrage zu befriedigen.
AB: Wie würde für dich der perfekte Lebenskreislauf für eine deiner Jacken aussehen? Was sollte der Träger der Jacke damit machen, wohin würde er oder sie gehen, welche Sportarten oder Aktivitäten würde er oder sie ausüben und welche Orte würde die Jacke sehen? Stell dir bitte einmal ein Bilderbuch-Leben für eine deiner wunderbaren Jacken vor!
SH: Mein Hauptziel ist es, dass unsere Kunden ihre Battenwear-Jacken tagtäglich den ganzen Tag tragen können, egal wo sie sind und was sie tun. Außerdem möchte ich, dass sich die Battenwear-Jacken mit jedem Tragen verändern und anpassen. Ich wähle Stoffe, die gut altern und eine Gebrauchspatina bekommen, die die Jacken mit der Zeit nur noch besser macht. Wenn ein Druckknopf oder ein Gurt nach häufigem Gebrauch abfällt, bieten wir einen Ersatz und/oder helfen bei der Reparatur. Wir möchten, dass dies eine Jacke ist, die eure Kinder auch noch nach Jahren aus eurem Schrank klauen, nicht nur, weil sie eine tolle Jacke ist, sondern weil sie sie an euch erinnert. Und dann freuen wir uns auf die Zeit, in der ihr ihnen ihre eigenen Battenwear-Jacken kauft, die sie so lange tragen können, bis sie auf ihre eigene Art und Weise einzigartig gebraucht aussehen, und die Tradition wird weitergehen.
AB: Seit 2011 sind alle Battenwear Produkte »Made in USA« – eine Zeit, in der niemand wirklich über Fast Fashion, Slow Fashion, Qualität, Fairness und gerechte Bezahlung für Arbeiter in der Textilproduktion nachgedacht hat. Was hat dich damals motiviert und wie empfindest du das Bewusstsein für derlei Unternehmensentscheidungen jetzt im Jahr 2020?
SH: Meinen Abschluss am Fashion Insitute of Technology NY habe ich eigentlich in Marketing und Vertrieb gemacht. Ich habe nie Design studiert, bis ich Daiki Suzukis Assistent für das Woolrich Woolen Mills Projekt wurde. Ich hatte also einen learning by doing Crashkurs in Design, und das alles im Mikrokosmos des Manhattan Garment Districts. Die Produktion in den USA hatte also zunächst für uns vor Allem praktische Gründe: Diese Arbeitsweise war die, die ich kannte. Es ist ein sehr pragmatischer und zufriedenstellender Prozess.
Im Laufe der Jahre habe ich einige andere Möglichkeiten für das Designen und die Herstellung ausprobiert. Wir haben zum Beispiel mit einigen kanadischen Fabriken gearbeitet, und für Frühjahr/Sommer 2020 machen wir eine Madras-Kollektion, die in Chennai, Indien, hergestellt wird. Ich nehme an, dass ich mich irgendwann einmal ernsthaft damit befassen muss, international zu produzieren. Schließlich sind die amerikanischen Bekleidungsfabriken, insbesondere an Orten wie Manhattan, stark im Niedergang begriffen, und es gibt nur sehr wenig Infrastruktur zur Unterstützung der Industrie. Aber solange ich weiterhin so arbeiten kann, wie es mir am meisten Spaß macht, werde ich das tun.
AB: Viele Leute, die hochwertige und schöne Jacken kaufen, bekommen jedes Mal genau die gleichen Reaktionen: »Wie kannst du so viel Geld für nur eine Jacke ausgeben?« Es scheint, dass deine Marke und dein Produktionsweg eine ausgezeichnete Antwort darauf geben könnte, oder?
SH: Ja, es gibt viele Leute, die auf Social Media sagen, Battenwear sei »zu teuer!«. Aber mein Eindruck ist, dass jemand, der nicht versteht, warum Qualitätsartikel teuer sind, auch niemals wirklich an Battenwear interessiert sein wird.
Im Grunde genommen sind unsere Jacken teuer in der Anschaffung, weil sie in der Herstellung teuer sind. Wir bringen die besten Stoffe und Besätze aus der ganzen Welt ein und stellen unsere Kleidungsstücke dann in kleinen Chargen in kleinen lokalen Fabriken her, wo die Näherinnen anständig bezahlt werden. Wir stehen Kunden per E-Mail oder Telefon zur Verfügung, um Ihre Fragen zu Ihrem Kauf zu beantworten und sicherzustellen, dass sie ihre Battenwear-Produkte wirklich genießen und das Beste aus ihnen herauszuholen können.
Für manche Menschen, auch für einige, die ich wirklich mag und respektiere, ist eine Jacke nur eine Jacke. Sie können in einer Ladenkette etwas Billiges kaufen und nicht einmal darüber nachdenken, wo es hergestellt wurde oder ob es überhaupt besonders gut passt. Diese Leute sind nicht an Kleidung oder der Geschichte, die sie erzählt, interessiert – sie würden nackt herumlaufen, wenn sie damit durchkommen würden. Wieder andere glauben an Quantität statt Qualität. Sie wollen nicht eine teure Jacke, sondern fünf billige, weil sie glauben, dass Mode ein Wegwerfprodukt ist und sie in der nächsten Saison sowieso zu einem neuen Trend wechseln werden. Diese Einstellung respektiere ich nicht so sehr, aber ich weiß, dass sie heute üblich ist.
Aber diejenigen, die sich für Details und Geschichte, Trends und Qualität interessieren, werden intuitiv verstehen, warum Battenwear nicht günstig ist. Und es ist unsere Aufgabe, weiterhin Kleidung herzustellen, die sie vom 1. bis zum 1000. Tag tragen wollen, was die Kosten
AB: Wir haben bereits über zu viele Taschen gesprochen. Es gibt oder gab ja einen massiven Trend zu übertechnischen Jacken. Der Ansatz »Je mehr Taschen, desto nützlicher die Jacke« war eine häufige Fehlinterpretation von Funktionalität – ich zumindest verbrachte manchmal viel zu viel Zeit mit der Suche nach einem Schlüssel in mehr als 15 verschiedenen Taschen an meinem Outfit. Mich interessiert, was für dich Funktionalität ausmacht, die vor Allem durch Einfachheit besticht?
SH: Wenn ich keinen klaren Zweck für eine Tasche oder ein anderes Detail sehe, lasse ich es weg. Einige Battenwear Teile haben Taschen, die für manche skurril wirken könnten. Zum Beispiel hat der Travel Shell Parka eine »Map Pocket« auf der Rückseite – eine Tasche, die traditionell von Wanderern benutzt wird, um ihre Ladkarten während eines Aufstiegs auf einen Berg oder über die Ebene zu verstauen. Niemand benutzt mehr Landkarten auf Papier, aber ich habe diese Tasche auf meinem TSP für eine Zeitung benutzt, die ich in der U-Bahn gelesen habe. Meine Frau hat ein Magazin in ihre Tasche gesteckt, damit sie keine Handtasche mitnehmen muss. Und diese Tasche, selbst wenn nichts drin ist, dient dazu, uns auf die Geschichte dieses Kleidungsstücks zu besinnen. Dasselbe gilt für die »Game Pocket« auf der Rückseite unserer Scout Anoraks. Auch wenn die meisten Leute, die ich kenne, diese Tasche eher benutzen, um Bier ins Kino zu schmuggeln, als um gejagtes Kleinwild zu transportieren, ist sie eine nützliche Tasche im generationsübergreifenden Sinne.
AB: Wir haben darüber gesprochen, was Battenwear ausmacht: Qualität, Kontext, Referenzen, Originalität, weniger Branding und gute Leute. Jetzt mal ehrlich, ist dir eigentlich klar, dass du definitiv einer der »Good Guys« da draußen bist?
SH: Ich weiß nicht, wie gut ich bin, aber ich kann dir sagen, dass ich das Gefühl habe, in guter Gesellschaft zu sein. Ich hatte das Glück, mich mit Designern und Führungskräften anderer kleiner Marken in NY, LA und Tokio anzufreunden, und ich bewundere sie wirklich. Jeder hat seine eigenen Herausforderungen und Strategien, und wir sind alle anders, jeder auf seine Weise, aber am Ende sitzen wir alle im selben Boot, und ich freue mich, nicht allein zu sein.
AB: Nach all diesen nerdigen und wortreichen Fragen, lass es uns am Ende einfach halten: Was kommt als nächstes, Battenwear?
SH: Bis zur Unendlichkeit und noch viel weiter! Aber nein, im Grunde hoffe ich auf ein kontinuierliches Wachstum, was bedeutet, dass wir Battenwear bekannter machen müssen. Ich habe vor, weiterhin neue Tricks aus dem Hut zu zaubern, um unsere Kunden zu begeistern. Ich hoffe, dass jeden Tag mehr und mehr neue Leute Battenwear kennenlernen. Ich bin aber geduldig und möchte nichts überstürzen. Solange ich weiterhin Kleidung herstellen kann, die ich gerne tragen möchte, werde ich glücklich sein.
AB: Wir danken dir sehr für deine Zeit!
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Visual Content – Battenwear; HHV – Illustration: V.Raeter