New Brand: Ben Davis
Der Weg des Gorillas
Der Weg durch die Geschichte und das kulturelle Erbe dieser durch und durch amerikanischen Traditionsmarke lässt sich kaum beschreiten ohne auf einflussreiche Personen und Kulturbewegungen zu treffen, die nicht nur die Streetwear-Welt, sondern uns alle nachhaltig geprägt haben. Mit uns meinen wir nicht nur all diejenigen, deren Geburtsjahr sich zwischen 1975 und 1985 bewegt und die sich noch an die Faszination für die Westcoast Gangsta-Bewegung – die Rede ist hierbei allerdings von der romantisierten MTV-Version – die Attitude, den Style erinnern. Nicht wenige von uns haben das gefeiert, vielleicht sogar nachgeeifert, wenn auch nur im Kleinen, denn sind wir mal ehrlich: Gangsta waren wir alle nicht. Aber in Zeiten, in denen Polizeigewalt und Kriminalität in den USA – für uns ja damals der Nabel unserer Teenagerwelt – im Fokus von Musik, Film und generell Popkultur standen, traf das Selbstbewusstsein, das Auflehnen gegen das System und gegen Autorität und natürlich der Swag bei uns genau den richtigen Nerv.
Alle fühlten, was NWA und Eazy E erzählten. Auch, wenn sie nicht in Compton saßen, sondern vielleicht am Boxi oder Schlesi. Und sag was du willst, aber auch als andersdenkender, unangepasster oder z.B. ausländischer Jugendlicher war in Deutschlands Großstädten in den Neunziger Jahren nicht alles rosig (ist es genau genommen bis heute noch nicht). Und jeder von uns passte ja in eine dieser Kategorien, manche sogar in mehrere oder alle gleichzeitig. Was liegt also näher, als sich vermeintlich starke Vorbilder zu suchen und den Wunsch zu haben, genauso rough & tough zu sein, unbesiegbar zu sein.
Es geht hier um die Bekleidungsmarke Ben Davis, und ja wir schweifen wieder ab, aber es gibt einen Grund dafür. Ben Davis ist eben nicht nur eine Bekleidungsmarke. Es ist nicht nur Bekleidung, nicht nur zweckgebunden. Es ist ein Statement, eine Reminiszenz an Früher, aber gleichzeitig auch zukunftsweisend. Ja wirklich, aber dazu kommen wir noch. Du kannst den Weg nicht gehen, ohne zurück zu schauen. Du kannst den Weg auch nicht gehen ohne Achtung vor Tradition und Qualitätsarbeit und schließlich der Sehnsüchte einer ganzen Generation. Wir sehen es als unsere Aufgabe an, dich auf dieser Memory Lane zu begleiten.
Adam Yauch a.k.a. MCA von den Beastie Boys, Eazy E, NWA, King Tee, Bone Thugs n Harmony (man könnte auch sagen so gut wie alle Rapper der Westcoast in jenen Jahren) die Vatos Locos aus Blood in Blood Out und generell viele der einflussreichen Gangsta-Stereotypen, die wir in Filmen und Musikvideos sahen, begegnen uns auf diesem Weg. Baggy Chinos mit der steifsten Bügelfalte der Welt, weiße Unterhemden oder T-Shirts, darüber das obligatorische Flanell- oder Workwearhemd mit nur einem geschlossenen Knopf am Kragen, gepaart mit Bandanas und symbolischen Ketten, Armbändern und Ringen sowie einem Paar Nike Cortez, Air Force 1, Converse Chucks, Vans oder K-Swiss – wir sind sicher du hast schon das richtige Bild im Kopf.
Überhaupt war ja Workwear das Ding in jenen Jahren und – Überraschung (?) – ist es heute wieder einmal (siehe auch unser Beitrag zu Stan Ray und der generellen Workwear-Mania in High Fashion Kreisen). Aber es waren damals schon Sachen, die wir uns einfach leisten konnten, mit denen wir unseren Idolen aus Yo! MTV Raps nacheifern konnten. Es waren robuste, langlebige Stücke, mit denen man auf der Straße abhängen, sprühen, Skaten konnte. Was für die harte, ehrliche physische Arbeit geeignet ist, war genau die richtige Ausrüstung für den Großstadt Hustle. Das ist nicht Paris Couture oder London Chic, das ist ehrlich, authentisch, unprätentiös. Und das bis heute, seit weit mehr als einem Jahrhundert, wenn man zu den Anfängen der Workwear zurückgeht.
Die Anfänge von Ben Davis gehen zurück bis in die Mitte des 19.Jahrhunderts, als sich die Familie bereits als Aktivposten der Bekleidungsindustrie der USA profilieren konnte. 1935 gründete Ben Davis dann gemeinsam mit seinem Vater Simon Davis die nach ihm benannte Marke in San Francisco. Um den Einfluss der Davis‘ auf das, was Workwear heute ist, erahnen zu können, sei erwähnt, dass Bens Großvater John Davis maßgeblich an dem Design der Original Levi’s Jeans beteiligt war.
Ben Davis startete als klassisches Workwear-Label und war dank der Robustheit und kompromisslosen Funktionalität erste Wahl unter Arbeitern der amerikanischen Industrie. Der modische, jetzt sogar zukunftsweisende Aspekt von Workwear kam erst viele Jahre später. Erst als verschiedene Subkulturen in den 1980er und 1990er Jahren die soliden Kleidungsstücke als eigene Art von Uniform auserkoren haben, fanden sie langsam ihren Weg in die Alltagsmode. Dr. Martens Boots und Jeansjacken wurden zur Grundausstattung der britischen Punkszene, während Skater in Kalifornien die sturzresistenten Stücke von Ben Davis, Dickies oder Carhartt für ihre halsbrecherischen Stunts übernahmen. Ben Davis hatte insbesondere durchschlagenden Erfolg bei den Chicano- und Filipino-Communities in den USA, deren Style in beinahe jedem Musikvideo und Film von der amerikanischen Westküste Anfang bis Mitte der Neunziger Jahre zu finden war. Es gibt Debatten darüber, wie es dazu kam, dass Westcoast Rapper diesen Style übernahmen und ob das legitim war oder eine sog. kulturelle Aneignung, aber das führt zu tief in den Kaninchenbau hinein.
In den vergangenen Jahren machte Ben Davis im Streetwearkontext außerdem durch Kollabos mit Kultmarken wie Supreme, Opening Ceremony oder der aus dem japanischen Workwear-Hype resultierenden Unterkollektion Ben Davis Project Line von sich reden. Aber wenn wir über die zukunftsweisende Rolle von Workwear sprechen wollen, geht es um mehr als Hype: Die Eigenschaften Robustheit, Langlebigkeit, hohe Qualität, die man eher durch sog. Slow Fashion Techniken erreicht, sollten bei der Auswahl unserer Kleidung künftig eine immer größere Rolle spielen. Bewussterer Konsum – wenn man hier von Konsum sprechen möchte – ist das Stichwort. Und ohne dich mit einem Nachhaltigkeitsmanifest langweilen zu wollen – richtig, eben ging es noch um MTV, Gangsta Style und Westcoast Rap Nostalgie – müssen wir an dieser Stelle trotzdem darauf hinweisen, dass du mehr für die Welt tust, wenn du dir ein langlebiges Teil »Made in USA« kaufst, als fünf Teile minderer Qualität »Made in Far East« wie man so schön sagt. Baby Steps mit großer Wirkung. Aus unserer Sicht ist Workwear neben Funktionskleidung die Kleidung der Zukunft, die alles überdauern wird.
Wenn wir hier schon Aufklärung betreiben, darf der großartige Gary Warnett nicht fehlen, der aus Liebe zu Ben Davis das Gorilla-Logo als Vorlage für das Logo seines Blogs GWARIZM genutzt und vor einigen Jahren einen sehr interessanten Beitrag über Ben Davis geschrieben hat:
»Let’s be clear here, who’s selling the aforementioned Pendleton, Chucks, Carhartt, Dickies, Ben Davis, khakis and white tees to you — some lookbook clown with a side parting who you could put in a chokehold, or some real OGs? That pride in the quality basics is a striking aesthetic that’s had more impact on the current wave of simple, quality looks than is credited.«
Ben Davis findest du bei uns im Shop hier: www.hhv.de/shop/de/ben-davis
Archivbilder: Ben Davis